Wal-Rettung

„Did you see the whale?“

Damit fing alles an. Wir konnten es zunächst nicht glauben und eilten zum Strand und trauten unseren Augen nicht. Direkt vor uns im Riff war der Wal. Zunächst freuten wir uns riesig. Was für ein Glück, dass einfach vor der Haustür ein Wal auftauchte. Andere zahlen für Wal-Touren und sehen keinen Einzigen. Wir freuten uns und begannen unsere Kamera rauszuholen um den Wal näher zu beobachten. Unsere anfängliche Freude wurde schnell getrübt, da wir nach kurzer Zeit merkten, dass da doch was nicht stimmt…

Irgendwie bewegte er sich nicht von der Stelle und wir merkten, dass so schön es war einen Wal aus nächster Nähe zu sehen, er es scheinbar nicht mehr schaffte aus dem Riff rauszukommen. Die Ebbe hatte eingesetzt und der Wal konnte zwischen dem Riff nicht mehr ins offene Meer finden. Also haben wir uns mit ein paar anderen Inselbewohnern ausgetauscht und festgestellt, dass die „Whale-Rescue“ bereits informiert wurde und kommen würde um den Wal zu retten. Also blieb uns erstmal nichts anderes übrig als zu warten. Während des Wartens hatten wir natürlich auch kurz überlegt, ob wir nicht einfach mit unserem Kajak hinfahren sollten. Aber irgendwie kam uns das falsch vor, dort hinzupaddeln und ein Selfie zu machen, während der Wal gerade im Todeskampf steckte. Also entschlossen wir uns einfach am Strand zu bleiben und von dort aus die Wal-Rettung zu beobachten.

Ungefähr 20 Minuten dauerte es bis die ersten kleinen Boote und Kajaks zum Wal fuhren. Wir hatten ja gedacht, da kommt jetzt die Küstenwache und ein riesiges Aufgebot an Helfern und der Wal würde innerhalb kurzer Zeit gerettet werden können. Jetzt waren wir uns zunächst gar nicht sicher, ob es sich um Helfer oder Touristen handelt.

Ja oder Nein?

Wenig später merkten wir, dass sich zwar mittlerweile um die 10 Personen beim Wal befanden und versuchten ihn zu bewegen, er sich aber keinen Zentimeter bewegte. Wir sahen, dass 1-2 Personen vom Strand aus hinzueilten um zu helfen.

Sollen wir jetzt dahin oder nicht?

Wir beide fragten uns nun, wird noch weitere Hilfe benötigt und sollen wir jetzt auch dahin kommen oder sind wir als Touristen da jetzt nur störend. Zu dem Zeitpunkt wussten wir auch noch nicht, dass solch eine Situation dort noch nie vorgekommen ist. Circa 15 Minuten überlegten wir, merkten aber, dass sich immer noch nicht viel bewegte. Und wie wahrscheinlich der ein oder andere von sich selber kennt, wenn man an einer Unfallstelle ankommt. Man fragt sich zwar immer soll man helfen oder nicht. Wir dachten uns nun aber, Fragen und Hilfe anbieten schadet doch nicht. Also schnell unsere Badesachen und Badeschuhe an und los ging es. Ungefähr 10 Minuten sind wir durchs Riff zum Wal gelaufen. Vor Ort wurde schnell klar, dass noch reichlich Hilfe benötigt wird.

Der Wal war wohl ca. 40 Jahre alt und männlich. Durch die Panik die er in dem Riff bekommen haben muss, hatte er leider sehr viele blutige Schrammen und Wunden. Insbesondere die Finne war stark verwundet. Zusätzlich hatte er von älteren Hai-Angriffen auch einige Verletzungen. Wie wir erfahren haben, ist es wohl bei Walen leider auch üblich, dass sie in flaches Gewässer gehen, wenn sie krank sind und sterben. Von daher war von Anfang an nicht klar, ob die Rettungsaktion überhaupt erfolgreich sein würde. Den Versuch war es aber Wert.

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Die Rettung begann…

In Summe waren wir nun ca. 20 Personen gewesen, die gemeinsam an der Wal-Rettungsaktion beteiligt waren. Es waren sowohl Personen von den örtlichen Wassersportanbietern, eine Crew von National Geographic inkl. einer Wal-Expertin sowie einige Touristen beteiligt. Die Crew von National Geographic, die zufällig für Aufnahmen auf Rarotonga war, konnte einiges Equipment besorgen und gleich Aufnahmen von unserer Rettungsaktion machen.

Die Einheimischen hatten Netze und Leinen besorgt, die wir um den Wal binden konnten. Somit hatten wir einen besseren Halt beim Tragen. Andere hatten Schaufeln mitgebracht mit denen wir dann den Weg durchs Riff von großen Brocken, Steinen und auch Riffteilen befreit haben. Denn das Problem war, dass das Wasser zu niedrig war um den Wal über das Riff zu navigieren. Von daher mussten wir mitten durch. So gut es ging, wurde natürlich versucht auch das Riff zu schonen und Wege drum herum zu finden, dies war aber nicht überall möglich.

Der Wal hat ca. 1,5 bis 2 Tonnen gewogen und da das Wasser zu flach war, war es gar nicht so einfach diesen durchs Riff zu bewegen. Es hieß dann immer 3-2-1 alle anheben und die nächsten fünf Meter den Wal gemeinsam tragen. Da der Weg und das Riff sehr uneben war, hieß das auch für uns alle aufpassen. Einige kleine Blessuren und Narben am Bein blieben dabei nicht aus. Aber hey, was gibt es schöneres, als die Geschichte hinter dieser Narbe zu erzählen.

Nicht nur dass es nach langer Zeit vermutlich fast jedem im Wasser kalt wurde, es war zudem auch noch sehr windig und hat geregnet. Die starke Strömung tat ihr übriges. In Summe haben wir gemeinsam über vier Stunden gebraucht unseren mittlerweile „Daniel“ getauften Wal in tieferes Gewässer zu tragen. Zwischendurch, wenn er sehr gestresst und unruhig war, haben wir kleine Pausen eingelegt, die uns aber auch ganz gut getan haben. Was wirklich besonders eindrucksvoll und schön zu sehen war, ist was eine einfache Menschenhand auf der Wal-Haut bewirken konnte! Er hat sich sehr schnell beruhigen lassen und gespürt, dass wir ihm Helfen wollen.

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The End

Cookisland News

Die ersten Minuten im tieferen Gewässer hatte der Wal noch gebraucht um den richtigen Weg und Ausgang aus dem Riff zu finden und ist zweimal in die falsche Richtung geschwommen. Am Ende hat er aber zurück in den Ozean gefunden.

Am nächsten Tag wurde über die Wal-Rettung in der lokalen Zeitung berichtet und überall auf der Insel darüber gesprochen.

No Happy-End

Wie sich einige Tage später leider herausstellte, ist der Wal an einer anderen Stelle in der Nähe Tod aufgefunden worden. Man weiß nicht ob er sowieso krank war und deswegen schon ins Riff kam oder die Verletzungen zu groß waren. Auch wenn es kein gutes Ende für diesen Wal gab, so sind wir für diese Erfahrung sehr dankbar und würden es wieder aufs Neue probieren!

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    • Helga
    • 20. Januar 2020
    Antworten

    Sehr beeindruckend. Wer erlebt das schon in seinem Leben.

    • Sandra
    • 18. November 2019
    Antworten

    Wow, was ein berührendes Erlebnis…schade, dass „Daniel“ später doch verstorben ist, aber schön, dass er noch so viele helfende Menschenhände erleben durfte…

    • Jana ☀️
    • 7. November 2019
    Antworten

    Der Wahnsinn, das ihr so eine Aktion miterleben durftet. Ein einmaliges Erlebnis. Danke das wir daran teilhaben dürfen, ich habe Gänsehaut.
    Liebe Grüße und Küsschen euch zwei

    1. Antworten

      Ja das war echt eine einmalige Erfahrung gewesen! Echt schön, auch wenn es ein trauriges Ende genommen hat. Und schön, wenn ihr auch etwas von den Blogbeiträgen habt 😉

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